INTERNATIONALE KUNST IM SCHLOSS RUHPOLDING

  

  
  

 

Ruhpolding

Die Geschichte der Gemeinde und des Ortes Ruhpolding ist verhältnismäßig jung. Erst im Mittelalter setzt die Besiedelung des Ruhpoldinger Tales ein. Das unwegsame, dicht bewaldete Land in den Bergen mit seinen mageren Böden, im Winter tief verschneit und im Frühjahr von reißenden Schmelzwassern durchbraust, lud auch nicht gerade zur Besiedelung ein. Solange im Alpenvorland guter Boden ausreichend vorhanden war, mieden die Menschen das Gebirge.

Als sich jedoch im Mittelalter die Bevölkerung vermehrte, wurde neues Land unter den Pflug genommen, und nun drangen Menschen auch in die Berge vor. Stück für Stück, Hof um Hof wurde auch das Ruhpoldinger Tal erschlossen. Es mag sein, daß das Tal bereits im 9. Jahrhundert bewohnt wurde. Der erste urkundliche Beleg, in dem - vermutlich - ein Ort dieses Tales genannt wird, stammt aus dem Jahr 924.

Bevor der Ort Ruhpolding zum dörflichen Mittelpunkt des Tales wurde, befanden sich hier verstreute einzelne Weiler und Einzelhöfe. Bis in die jüngste Zeit, in der das Dorf Ruhpolding dem Tal den Namen gab, wurde das Gebiet um den Oberlauf der Weißen Traun "Miesenbach" oder "Jesenbach" genannt ("mies" = Sumpf, Moor; "jesen" = gären, schäumen).

Die Arbeit der Urbarmachung erstreckte sich über Jahrhunderte. Einige Ortsnamen deuten an, welches Land die ersten Siedler hier vorfanden und wie sie das Land rodeten: Der Ortsname "Brand" leitet sich her vom Niederbrennen von Wald; "Rauchenbichel" benennt einen steinigen, unfruchtbaren, mit Gestrüpp bewachsenen Hang; "Hutzenau" einen Ort, an dem das Wild hin und her "hutzt"; "Wasen" einen moorigen, torfreichen Ort.

Im 12. Jahrhundert war das Ruhpoldinger Tal schon so weit besiedelt, daß ein ritterbürtiges Adelsgeschlecht hier lebte. Nach der Teilung des Herzogtums Bayern im l3. Jahrhundert wurde im Zuge einer Neuordnung der Landesverwaltung ein eigenes Amt Miesenbach gebildet.

Ein flüchtiger "Hauch von großer Welt" erreichte das Miesenbachtal im 16. Jahrhundert: 1535-37 ließ sich Herzog Wilhelm IV. in Ruhpolding ein Jagdschlößchen bauen. Aber bald schon verlor sich die Freude der bayerischen Landesherren an der Jagd im Gebirge, zudem Ruhpolding kaum den Aufwand für die Unterhaltung der Jagdgesellschaften tragen konnte.

Einschneidend wirkte dagegen ein anderes Ereignis: die Eröffnung der Saline Traunstein im Jahre 1619. Die Saline in Reichenhall war der größte Wirtschaftsbetrieb im alten Bayern. Die bayerischen Herzöge, die den größten Teil der Sudpfannen erworben hatten, ließen besonders im 16. Jahrhundert die Salinen ausbauen. Bald drohte jedoch die Gefahr, daß die umliegenden Wälder zur Deckung des Holzbedarfs nicht mehr ausreichen würden. Die Saline brauchte Holz in großen Mengen, denn Salz wurde durch Sieden von salzhaltigem Wasser (Sole) gewonnen. Holz ließ sich am besten auf Wasserläufen über größere Entfernungen befördern. Um neue Waldgebiete für den Salzsud zu erschließen, wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein erbaut - eine technische Höchstleistung jener Zeit. In Traunstein wurde in einer eigenen Saline diese Sole verkocht, und dabei wurde Holz verheizt, das auf der Weißen Traun aus der Ruhpoldinger Gegend herangetriftet wurde.

Ruhpolding wurde so zum Forstarbeiterdorf.

Die Bauern verdienten Geld, indem sie einzelne Waldarbeiten übernahmen, die sie dann von eigens hierfür angeworbenen Holzknechten ausführen ließen. Bis in die ersten Jahre unseres Jahrhunderts arbeitete etwa die Hälfte der Bevölkerung mehr oder weniger für das Forstamt.

Regionale Bedeutung erlangte das Schmiedehandwerk in und um Ruhpolding. Die nahegelegenen Hütten am Teisenberg lieferten Eisen, die tiefen Wälder die in großen Mengen benötigte Holzkohle und die Gebirgsbäche die Wasserkraft für die Eisenhämmer. Eine beachtliche Zahl von Hammerschmieden versorgte das Umland und gab den Menschen in Ruhpolding Arbeit.

Reichtum stellte sich in Ruhpolding dennoch nicht ein. Eine neue Erwerbsquelle bot sich, als im letzten Jahrhundert zivilisationsmüde und naturhungrige Städter begannen, die Alpenlandschaft als schön zu empfinden. Das Gebirge, das bis dahin als Wüste, Öde und Wildnis gesehen wurde, lockte den Strom von Touristen. Die Versuche, Sommerfrischler und Wintersportler anzuziehen, blieben in Ruhpolding lange Zeit bescheiden. Die Erschließung des Ortes für den Fremdenverkehr betrieb der Berliner Reiseunternehmer Dr. Degener seit den 1930er Jahren planmäßig. Sehr schnell entstanden nun die Unterkunftsmöglichkeiten und Einrichtungen, die ein Fremdenverkehrsort braucht. Ruhpolding wurde zu einem der beliebtesten Erholungsorte der bayerischen Alpen.

Ruhpolding ist in unserem Jahrhundert enorm gewachsen. Mit 6.600 Einwohnern ist die Gemeinde so groß wie manche Kleinstadt. Im früher entlegenen Bauern-, Holzknecht- und Handwerkerdörfchen reiht sich nun Pension an Pension, Gaststätte an Gaststätte. Das kulturelle Angebot ist beachtlich. Während des Sommers findet man noch spät abends die Straßen voller Menschen. Ruhpolding ist trotzdem - im guten Sinne - ein Dorf geblieben. Die Gigantomanie der Beton Hotelkomplexe hat den Ort bisher verschont. So präsentiert sich Ruhpolding heute - bei all den Problemen, die in unserer Zeit gerade auch der Fremdenverkehr in kleinen Orten mit sich bringt - als wohnliches und gastliches Alpendorf.